Vor einigen Jahren hat mein Partner zu mir gesagt, dass er findet, dass ich nicht so viel von ihm erwarten solle.
Ich fand das eine blöde Idee.
Ja, es klingt zugegebenermaßen schön, ein Leben ohne Erwartungen aneinander zu führen. Aber ist das realistisch?
Ich dachte damals, dass das unrealistisch ist. Dass es nicht geht. Dass ich meine Erwartungen brauche. Dass mir mein Partner sonst auf der Nase herumtanzt. Dass ich zu kurz komme. Nicht bekomme, was ich brauche. Dass mir mein Partner nichts gibt, wenn ich nichts fordere. Dass ich mich darum kümmern muss, dass meine Bedürfnisse von ihm erfüllt werden.
Heute sehe ich das ganz anders. Mein Partner hatte recht! Er hat lange vor mir erkannt, wie einschränkend es ist, wenn ich etwas von ihm erwarte. Ich sehe, wie meine Erwartungen zu Groll führen und mich verschlossen und distanziert sein lassen.
Wenn ich zum Beispiel erwarte, dass mein Partner Frühstück macht, dann habe ich schon verloren. Wenn er es macht, freue ich mich kaum. Er tut nur das, was er tun sollte. Wenn er es nicht macht, bin ich enttäuscht. Ich mache mich von ihm abhängig. Ich vergesse, dass ich dafür verantwortlich bin, meine Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn ich Frühstück möchte, kann ich ihn fragen, ob er es macht. Wenn das eine echte Frage ist, dann freue ich mich auch über ein Nein.
Wenn er nein sagt und ich frühstücken möchte, dann mache ich selbst Frühstück oder ich bitte jemand anderen als meinen Partner darum. Ich habe dann die Chance für mich und meinen Partner Frühstück zu machen. Ich kann auch in ein Café gehen und frühstücken, falls ich die Möglichkeit dazu habe. Vielleicht lade ich meinen Partner dazu ein.
Möchtest du wissen, was du von deinen Lieben erwartest? Nimm dir Zettel und Stift und such dir einen ruhigen, ungestörten Ort. Entscheide dich für eine Person in deinem Leben, die dir wichtig ist und zu der deine Beziehung nicht 100% friedlich ist. Schließe deine Augen und frage dich, was du von dieser Person erwartest. Mache eine Liste. Schreibe alles auf, was dir einfällt.
Worum sollte er oder sie sich kümmern? Was sollte er oder sie tun, denken, fühlen? Ich habe diese Übung vor kurzem mit meinem Partner gemacht und war erstaunt, was ich alles von ihm will. Ich liebe diese Übung, weil sie mir meine Beschränkungen vor Augen führt. Die Sätze, die ich aufgeschrieben habe, untersuche ich mit den vier Fragen und den Umkehrungen der Methode The Work of Byron Katie.
Ich habe meinen Partner gefragt, ob er wissen möchte, was auf der Liste steht. Er wollte es wissen. Also habe ich mich mit ihm hingesetzt, ihm in die Augen geschaut und ihm meine Liste vorgelesen. Jetzt kann er mich dabei unterstützen, wenn ich in die Erwartungsfalle tappe.
Welche Erwartungen hast du an deine Liebsten, Kollegen, Nachbarn, Freunde, Menschen auf der Straße? Wie nimmst du deine Erwartungen wahr? Was hast du bei der Übung entdeckt?
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