Wenn du in einem hitzigen Konflikt den roten Faden verlierst, ist das ziemlich verunsichernd.
Du stellst fest, dass du gar nicht mehr weißt, worum es eigentlich geht. Oder dass ihr inzwischen über ein ganz anderes Thema streitet als das, mit dem ihr gestartet seid.
Dabei hörst du vielleicht gerade, wie du deinem Gegenüber Vorwürfe machst. Du fühlst dich überfordert.
Es ist frustrierend, wenn ein Konflikt zu einem Streit wird, und es ist noch frustrierender, wenn der Streit eskaliert. Dein Gegenüber hört dir nicht zu. Du wirst laut. Du willst, dass er oder sie dich hört. Du hörst auch nicht zu. Du denkst, dass du sowieso weißt, was dein Gegenüber sagen will. Und das, was er oder sie sagen will, regt dich auf. Stopp.
Ich schlage vor, dass du das nächste Mal, wenn du in einem hitzigen Streit steckst und merkst, dass die Situation nicht konstruktiv ist, folgende drei Schritte ausprobierst.
1. Komm zu dir zurück
Der erste Schritt ist gleichzeitig der schwierigste. Atme tief durch. Fühle, wie du sitzt oder stehst. Sei einen Moment still.
Fühle, wie es dir gerade geht. Hör dir zu, in welchem Tonfall du gerade gesprochen hast oder sprichst. Bist du freundlich zu deinem Partner? Bist du freundlich zu dir selbst?
Bemerke, dass du recht haben möchtest und dich ungerecht behandelt fühlst. Mach dir bewusst, dass du dir keinen Gefallen tust damit, was du gerade sagst und wie du dich verhältst.
2. Vereinbare eine Pause
Vereinbare eine Gesprächspause. Ich sage meinem Gesprächspartner an dieser Stelle, dass ich den Faden verloren habe, dass ich den Eindruck habe, dass das Gespräch nicht mehr konstruktiv ist und dass ich eine Pause brauche.
Ich bin so freundlich, wie ich in diesem Moment sein kann. Auf keinen Fall drohe ich meinem Partner damit, dass ich mich jetzt zurückziehe und was das bedeuten könnte. Sag deinem Gegenüber auf jeden Fall, dass du eine Pause brauchst und dass ihr das Gespräch bei anderer Gelegenheit und in ruhigerer Stimmung fortsetzen könnt.
3. Schreibe deine Gedanken auf
Jetzt kommt der wichtigste und wirkungsvollste Schritt. Ziehe dich zurück und schreibe deine Gedanken auf. Druck das Arbeitsblatt Urteile über deinen Nächsten aus. Welcher Moment des Streits war für dich besonders schmerzhaft? Was hat dein Gegenüber gesagt oder getan, das dich wütend, traurig, ängstlich oder enttäuscht gemacht hat? Notiere dir, welches der schlimmste Moment für dich war. Vielleicht hat er gesagt »Das ist wieder typisch für dich, dass du mir das vorwirfst.«
Wie hast du dich in diesem Moment gefühlt - und warum? Zum Beispiel: Ich bin traurig, weil er mich verurteilt. Diesen Satz trägst du bei der Nummer 1 des Arbeitsblattes ein. Folge den einfachen Anweisungen auf dem Arbeitsblatt und schreibe deine Gedanken auf.
Zensiere dich nicht. Das ist nicht der richtige Moment, um weise, spirituell oder großzügig zu sein. Das warst du in dem Streit eben auch nicht, oder? Sei also kleinlich, nachtragend und genau. Mach dir keine Sorgen, du musst das Blatt niemandem zeigen, wenn du nicht willst. Du schreibst nur deine Gedanken auf. Schreibe einfache, kurze Sätze.
Wenn du das Arbeitsblatt fertig ausgefüllt hast, lies es dir in Ruhe noch einmal durch. Ist es vollständig? Streiche nichts durch, aber ergänze, wenn noch etwas fehlt.
Und dann?
Meine Erfahrung ist, dass ich schon viel ruhiger bin, wenn ich meine stressigen Gedanken auf Papier gebracht habe. Das Niederschreiben meiner Gedanken lässt mich bereits etwas klarer sehen. Ich habe mir zugehört und verstehe mich selbst besser.
Das Arbeitsblatt Urteile über deinen Nächsten ist übrigens auch in anderen stressvollen Situationen sehr hilfreich. Ich überprüfe dann jeden dieser Gedanken auf dem Arbeitsblatt mit der Methode The Work of Byron Katie, entweder gleich oder zu einem späteren Zeitpunkt. Diese Überprüfung kann man alleine machen oder gemeinsam mit einem anderen, zum Beispiel mit einem Coach.
Hast du schon einmal erlebt, dass du in einem Streit den roten Faden verloren hast? Was machst du, um aus der Situation herauszukommen, ohne unnötig Geschirr zu zerschlagen? Was hältst du von meinem Rezept? Berichte mir in den Kommentaren von deinen Erfahrungen.
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Rita (Mittwoch, 19 Dezember 2018 14:53)
Hallo Daria,
Vielen Dank für deine Artikel. Ich freue mich jedesmal darauf und denke darüber nach was du schreibst.
Erwartungen sind seit ein paar Monaten mein Thema und sie scheinen kein Ende zu finden. Ich bin erstaunt darüber das ich immer wieder neue Erwartungen bei mir entdecke. Mein Mann sollte oder sollte nicht. Meine Freundin sollte mehr Zeit mit mir verbringen usw. usw. Einer meiner Lieblingssprüche war: Ich erwarte nie mehr von anderen als ich selbst gebe. Die Realität sah dann in der Umkehrung mit the work allerdings sehr mager aus. Erwartungen schränken dich ein, war einer deiner Artikel der mich darin unterstützt hat genauer hinzusehen. Vielen Dank auch dafür!
Ich wünsche dir einen schönen und stressfreien Familienurlaub in Berlin und erholsame Feiertage!
Mit lieben Grüßen, Rita
Daria (Mittwoch, 19 Dezember 2018 15:52)
Hallo Rita,
wie schön, dass du dich auf meine Artikel freust! Ja, Erwartungen sind ein großes Thema... und in Beziehungen führen sie meiner Erfahrung nach oft zu Konflikten. Bleib dran, deine Erwartungen zu untersuchen!
Eine schöne Zeit!
Daria